Du möchtest dich beim Kauf von nachhaltiger Kleidung auf Textilsiegel verlassen?
Bei der Vielzahl an Textilsiegeln weißt du aber nicht, wem du vertrauen kannst?
Dann geht es dir wie dem Großteil der Deutschen. Über die Hälfte der Bevölkerung ist sich unsicher, wieso ein Produkt nachhaltiger ist als das andere. [1]
Textilsiegel helfen an dieser Stelle. Die Vielzahl an Siegeln kann aber auch schnell verwirren.
Bei der Auswahl solltest du daher nicht blind auf Textilsiegel vertrauen.
Wir zeigen dir, welche Siegel glaubwürdig sind und worin sie sich unterscheiden.
Die Textilindustrie zeichnet sich durch eine sehr komplexe Lieferkette aus. Das hat unter anderem folgende Gründe:
Produktion in Billiglohnländern
Komplexe Produktionskette mit vielen Schritten
Intransparenz durch Sub-Sub Unternehmer
Die Lieferkette besteht aus vielen unterschiedlichen Produktionsschritten. Die finden in unterschiedlichen Ländern statt und sorgen für sehr viel Intransparenz. Mode-Labels versuchen dabei immer die Produktionskosten gering zu halten. Das hat oftmals weitreichende Folgen:
Soziale Herausforderungen für Arbeiter:innen
Ökologische Herausforderungen
Die Grafik zeigt einige Herausforderungen, die entlang der textilen Lieferkette aufkommen. Greenpeace und andere NGOs haben immer wieder auf die Missstände hingewiesen.
Als Verbraucher ist es sehr schwer zu erkennen, wie die Kleidung hergestellt wurde. Daher haben sich Textilsiegel etabliert. Siegelinhaber verpflichten sich, Mindestanforderungen der Textilsiegel einzuhalten. Das sorgt für mehr Transparenz. Zudem schafft es bessere Bedingungen entlang der Produktionskette. Gütesiegel verpassen keinesfalls ihre Wirkung. Jeder Zweite vertraut auf Produkte mit einem Textilsiegel. Doch nicht nur das, auch die Bereitschaft einen höheren Preis zu bezahlen, steigt deutlich an.
Das Problem: Es gibt mittlerweile sehr viele Textilsiegel. Jedes Siegel stellt unterschiedliche Mindestanforderungen und deckt verschiedene Bereiche der Lieferkette ab.
Es ist gar nicht so einfach, hier am Ende noch den Überblick zu behalten. Textilsiegel werden darüber hinaus auch schnell als Greenwashing Methode verwendet.
Um möglicher Verwirrung im Textilsiegel-Dschungel vorzubeugen, solltest du dir drei Fragen stellen.
Handelt es sich um ein unabhängiges Textilsiegel?
Werden die Anforderungen regelmäßig geprüft?
Welche Mindestanforderungen werden an die Siegelinhaber gestellt?
Die Mindestanforderungen kannst du bei jedem Textilsiegel nachlesen. Sie unterscheiden sich auch bei jedem Siegel. Für uns ist bei Textilsiegeln Folgendes wichtig:
Fokus auf Naturfasern wie Bio-Baumwolle
Ein aktives Abwassermanagement mit Blick auf Chemikalien
Mindestens Einhalten der Kernarbeitsnormen (ILO)
Wir möchten dir zwei Portale empfehlen, die eine Bewertung der Siegel anbieten:
Man muss aber auch immer bedenken, ein Siegel muss auch in Anspruch genommen werden. Lydia Wiesen vom IVN greift das Thema in einem Vortrag auf. Das beste und schärfste Siegel bringt nichts, wenn kein Unternehmen die Kriterien erfüllen kann. [2]
Daher müssen an manchen Stellen Kompromisse bzw. Konzepte erarbeitet werden, um bestimmte Standards zu erreichen.
Wie unterscheiden sich Textilsiegel?
Wie bereits erwähnt, ist die textile Wertschöpfungskette sehr komplex. Daher ist es auch nicht so einfach, jeden Produktionsschritt zu überwachen.
Die Textilsiegel können daher wie folgt unterschieden werden:
Zertifizierung von Endprodukten oder lediglich gesamtes Label
Zertifizierung der gesamten Lieferkette oder einzelner Produktionsschritte
Mindestanforderungen im Bereich sozialer oder ökologischer Standards
Es gibt Textilsiegel, die sich auf unterschiedliche Produktionsschritte spezialisiert haben. Zudem stellen einige Labels auch lediglich Mindestanforderungen an soziale oder ökologische Aspekte.
Hinweis:Es gibt derzeit noch kein relevantes Textilsiegel zur Zertifizierung von Leder. Möchtest du dennoch nicht auf Leder verzichten, stellt veganes Leder eine tolle Alternative für dich dar.
Die Grafik zeigt dir eine Übersicht der Textilsiegel. Unterschieden wird nach sozialen und ökologischen Standards. Einige Labels decken auch alle Bereiche ab.
Die wichtigsten Textilsiegel im Überblick
Im Folgenden stellen wir dir die wichtigsten Textilsiegel auf einen Blick vor. Jedes Siegel stellen wir dabei auch nochmal im Detail in einem eigenen Artikel vor.
Zudem siehst du auf einen Blick, welche Produktionsschritte in der textilen Lieferkette durch das Textilsiegel abgedeckt werden.
OEKO-TEX – Made in Green
Greenpeace nennt das MADE in Green OEKO-TEX als einer der strengsten Öko-Standards. Berücksichtigt wird die gesamte textile Lieferkette. Voraussetzung ist das Einhalten von Kernarbeitsnormen sowie ein strenges Chemikalienmanagement. Dafür bildet der bekannte OEKO-TEX 100 Standard die Grundlage. OEKO-TEX – Made in Green bezieht sich nicht nur auf Naturfasern.
Textilien, die das Fairtrade Cotton Siegel tragen, bestehen zu 100% aus Bio Baumwolle. Zertifiziert wird nur der Anbau der Bio Baumwolle. Vor allem der garantierte Mindestpreis für Baumwollbauern sorgt für deren soziale Absicherung. Das Label begrenzt zudem den Einsatz von Chemikalien beim Anbau von Baumwolle.
Der Global Organic Textile Standard zertifiziert fast die gesamte textile Wertschöpfungskette. Der Anbau der Naturfaser wird nicht berücksichtigt.
Daher ist GOTS oft in Kombination mit Fairtrade Cotton zu finden.
Das Textilsiegel ist weit verbreitet und zertifiziert die Endprodukte (bspw. Jeans) von Siegelinhabern. Es kommt daher vor, dass nicht die gesamte Kollektion eines Labels zertifiziert ist.
Voraussetzung für den GOTS Standard sind mind. 70% Naturfasern. Mittlerweile stellt das Siegel auch Anforderung an existenzsichernde Löhne.
Das IVN Best Siegel setzt auf 100% Naturfasern. Zudem strebt das Siegel die größtmögliche Reduzierung von Chemikalien an. Betrachtet wird die gesamte Lieferkette. Das IVN Best gilt als eines der strengsten Textilsiegel. Es wird daher von Greenpeace auch mit der Bestnote ausgezeichnet.
Die Fair Wear Foundation legt ihren Schwerpunkt auf soziale Kriterien im Produktionsschritt Konfektion. Sie setzt daher hohe Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen von Näher:innen.
Das Textilsiegel fokussiert sich auf den Einsatz von Chemikalien entlang der gesamten Lieferkette. Das Siegel gilt daher vor allem für hohe ökologische Standards. Die zertifizierte Kleidung kann dabei auch aus Mischfasern bestehen.
Der Grüne Knopf ist noch relativ jung. Es gibt ihn erst seit 2019 und ist das erste staatliche Textilsiegel. Aktuell wird nur die Konfektion als Produktionsschritt berücksichtigt. Allerdings soll das Siegel perspektivisch auf die gesamte Lieferkette ausgeweitet werden.
Das waren jetzt super viele Punkte. Wir haben daher nochmal die wichtigsten Merkmale von Textilsiegel in einer Checkliste zusammengefasst.
Beachte: Es gibt auch Textilsiegel, die von Mode Labels selbst geschaffen wurden. Hier ist die Glaubwürdigkeit fragwürdig. Das riecht schnell nach Greenwashing. Damit du den Überblick behältst, haben wir nochmal die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
Textilsiegel muss unabhängig sein
Die Standards sollten regelmäßig aktualisiert werden
Audits zum Einhalten der Mindestanforderungen sollten regelmäßig durchgeführt werden
Werden Endprodukte oder das gesamte Label zertifiziert
Welche Produktionsschritte werden zertifiziert
Welche Anforderungen (soziale, ökologische oder beides) werden berücksichtigt
3 empfehlenswerte Textilsiegel
Auf Grundlage von Greenpeace, Siegelklarheit und CI Romero möchten wir nochmal drei Siegel hervorheben. [3] [4] [5]
GOTS
Greenpeace: 3 von 3 Sternen
Siegelklarheit: Sehr gute Wahl
CI Romero: hohe ökologische Standards, Verbesserungspotential bei sozialen Anforderungen
IVN Best
Greenpeace: 3 von 3 Sternen
Siegelklarheit: Sehr gute Wahl
CI Romero: Die sozialen und ökologischen Standards sind gut
Fair Wear Foundation
Greenpeace: Keine Bewertung vorhanden
Siegelklarheit: Sehr gute Wahl
CI Romero: Sozialen Anforderungen sind hoch – Hervorhebung von existenzsichernden Löhnen
Infografik zu den Textilsiegeln entlang der Lieferkette
Textilsiegel können verwirrend sein, da besteht kein Zweifel. Die textile Lieferkette aber auch. Um die Siegel nochmal besser einordnen zu können, haben wir eine Infografik für dich erstellt.
FAQ
Was ist ein Textilsiegel?
Textilsiegel sollen als Entscheidungshilfe beim Einkauf von fairer und nachhaltiger Mode dienen. Auf einen Blick soll für den Verbraucher erkennbar werden, dass das Kleidungsstück hohe soziale und ökologische Standards erfüllt. Leider gibt es mittlerweile sehr viele Textilsiegel mit unterschiedlichen Standards, wodurch eine Art Textilsiegel-Dschungel entstanden ist.
Warum gibt es Siegel?
Fair Fashion Gütesiegel sollen beim Kauf nachhaltiger Mode als Indikator für das Einhalten fairer Arbeitsbedingungen stehen und als Zeichen von ökologischer Verantwortung der Produzenten eine klares Signal für einen nachhaltigen und bewussten Konsum setzen.
Wie viele Textilsiegel gibt es?
Greenpeace zählt in seinem Einkaufsratgeber zum Thema Green Fashion 20 Textilsiegel auf (Stand 2019). Hierbei wird aber noch keine Differenzierung nach Aussagekraft der Textilsiegel unterschieden. Wichtig ist darauf zu achten, ob die gesamte Wertschöpfungskette und hohe soziale sowie ökologische Faktoren berücksichtigt werden. Der GOTS Standard ist hier als aussagekräftiges Textilsiegel zu nennen, dass mittlerweile auch stark verbreitet ist.
Wer vergibt die Siegel?
Grundsätzlich kann jedes Unternehmen seine eigenen Textilsiegel vergeben. Um sich vor Greenwashing zu schützen, sollte man auf unabhängige Siegelinhaber sowie Zertifizierungsstellen achten. Die Auditierung vor Ort wird dann bspw. durch Unternehmen wie der Dekra oder dem TÜV durchgeführt.